Das ist eben der Punkt: Es ist bestenfalls für den Entwicklungszeitraum eine kleine Entlastung, im restlichen Lifecycle und damit besonders der Produktivumgebung ist es eher eine Belastung. Ich finde es auch recht witzig, dass so gerne die Portabilität hervor gehoben wird. Letztlich muss ich ja doch für jedes Programm einen Importfilter schreiben um es lesen zu können, nur dass es dabei nun statt min. einem nun kein System mehr gibt, dass z.B. das Zahlenformat nativ verwendet.
Wenn auf ein Mal alle extrem begeistert von iBVG sind, meinem fiktiven "interchangeable Binary Vector-Graphics"-Format und 90% der Hersteller finden, sie müssten das Format unterstützen, dann ist das auch extrem portabel
Mir stellt sich dann die Frage, ob der geringe Nutzen der Lesbarkeit durch Menschen rechtfertigt, dass man nun nicht mehr auf 50% der Systeme Big- nach Litte-Endian wandeln muss und beim Rest gornüscht, sondern auf 100% der Systeme träge Stringinterpretation verwendet. Für Dateien, die bestenfalls 1% der Anwender jemals in einem Texteditor öffnen wird, und auch da nur um nachher erstaunt "aha, so sieht das also aus" zu sagen.
Man nehme sich z.B. mal
dieses Bild von der Wikipedia. Dafür über 1 MB zu verbrauchen ist finde ich schon fast eine Frechheit. Selbst als ZIP sind es mit rund 320kB noch zu viel, und vor allem NOCH ein Verarbeitungsschritt mehr. Das ist für ein einzelnes Bildchen evtl. noch unerheblich, aber man sollte auch an die zu erwartenden Dimensionen denken, wenn ich sowas einsetzen will. Man durchsuche mal so 1000 gezippte SVGs dieser Größenordnung nach, sagen wir mal, Elementen die >100 Pixel breit und bläulich sind. Bis die alle ausgepackt und in Bäume geparst sind, hab ich 5000 Bilder in einem Chuck-Organisierten Binärformat durch, die zu dem 1/10 des Platzes belegen.
Noch mal in aller Deutlichkeit: Es gibt reichlich Anwendungsbeispiele, in denen
XML ein prima Ding ist! Aber insbesondere der Weg der mit SVG beschritten wurde ist für mich ein Zeichen davon, dass
XML offenbar im allgemeinen als "kanonisch optimal" und auf alles anwendbar angesehen wird. Und wenn fast alle unreflektiert rufen: "Das ist prima!", dann hat das finde ich durchaus Züge von Hype. Einzelne mögen wohl durchdachte Gründe vorbringen können warum das gerade hier oder dort gut passt, und das ist ja auch völlig okay, aber ich sehe nicht, dass das weltweit gesehen in allen Bereichen der Fall wäre.
Hab auch kürzlich ein paar Stellenausschreibungen durchgesehen. In fast jeder kam in der Anforderung der Punkt "
XML" vor, und zwar meist ohne weitergehende Erläuterung, und auch teilweise in Zusammenhängen in denen es entweder eine untergeordnete Rolle spielt (nach dem Motto: In dem Format sind die Config-Files), oder gar kaum zum Job gehörte. Bei einer Ausschreibung für einen Nebenjob in einem Helpdesk für MS-Office Anwender eines Unternehmens ist der Punkt "
XML" doch wirklich nur noch da, weils irgendwie jeder schreibt und ganz toll und modern aussieht. Das ist Hype.
"When one person suffers from a delusion, it is called insanity. When a million people suffer from a delusion, it is called religion." (Richard Dawkins)