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MrSpock:
Dilletantismus bezeichnet "laienhaften Nichtkönners mit Sachgebieten, die Spezialwissen erfordern". Herr Mayer schreibt wie du auch zitierst, dass die Festgenommenen hochprofessionell und hochkonspirativ vorgegangen sind. Offensichtlich ist Ihnen auch ein Fehler passiert. Ob dieser Fehler aus mangeldem Fachwissen oder aus Unachtsamkeit passiert ist, kann keiner von uns beantworten.
Ich kann aber sagen, daß - wenn alle (Möchtegern-)Terroristen auf diesem PISA-Wissensniveau arbeiten würde - die Welt um einiges sicherer wäre. Und Professionalität (eben das Wissen in einem Spezialgebiet) und Zufall gehen nicht gut Hand in Hand. Ansonsten würde ich viele Bequemlichkeiten des modernen Alltags erst garnicht mehr nutzen.
Laß es mich einfach mal aussprechen: dieses notwendige Wissen kann jeder Zehntklässler, der von Chemie begeistert ist, sich selbst außerhalb des Unterrichts aneignen. Sind Terroristen also allgemein intellektuell unterlegen?
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MrSpock:
Die Sicherheitsbehörden haben die Möglichkeit gehabt, mit den Tätern zu sprechen und deren Schritte zumindest teilweise nachzuvollziehen. Es ist deshalb vielleicht nicht unbedingt logisch, aber doch naheliegend, die Aussage der Sicherheitsbehörden Ernst zu nehmen. Ich behaupte von mir auch, dass ich häufig proffessionell arbeite, aber auch dabei mache ich Fehler. Ein Außenstehender mag diese manchmal sogar dilletantisch nennen, aber meistens war es wohl eher fehlende Sorgfalt oder auch mal Zufall als "Nichtkönnen".
Jeder macht Fehler. Aber gerade im Alltag checken wir nicht immer - oft noch nichtmal gegenseitig (bspw. Code-Review) unseren eigenen Code - sorgfältig was wir zuvor gemacht haben. Aber du willst mir doch nicht allen Ernstes erzählen, daß die routinemäßig "mal jede Woche ein Bömbchen" gebastelt haben und sich deshalb diesen Lapsus zufällig geleistet haben.
Weißt du, eigentlich stört mich die Aussage, weder die mit dem Zufall noch die mit der Professionalität, nicht. Aber, zusammen passen sie eben auch nicht. Und da haben wir den Populismus der Politiker: der kleine Hobbyterrorist, der sich schon quasi selbst entschärft wird zum Gefährlichsten aufgebauscht. Hier haben wir wohl ebenfalls ein Vertrauensproblem.
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MrSpock:
Deiner Einschätzung stimme ich nicht zu. Schau dir doch einmal deinen Computer an, so wie ich mir meinen anschaue. Du wirst, wenn du die Möglichkeit hättest, meine Platte zu durchsuchen, ziemlich viel über mich erfahren. Viele kleine Mosaiksteinchen, die sich zu einem Bild zusammenfügen.
... welches auch falsch sein kann. Das muß jetzt raus: was sagt dir die Tatsache, daß ich ein Hörbuch von "Mein Kampf" (übrigens frei käuflich) auf meinem Rechner hab. Bin ich Nazi, geschichtsinteressiert, Nazigegner, komplett unpolitisch, habe mich nur beim Kauf verklickt und das falsche Hörbuch gekauft, es aber behalten, weil's so teuer war?
Oder schau mal in mein Bücherregal "The Poisoner's Handbook". Bin ich ein routinierter Giftmörder, oder einfach nur wieder interessiert etc etc?
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MrSpock:
Wenn ein Computer voll von Anleitungen zum Bombembauen wäre und viele der dort beschriebenen außergewöhnlichen Teile sich in einem Karton im meinem Arbeitzimmer befinden.
Was eine normale Hausdurchsuchung ja erst ergeben könnte.
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MrSpock:
Wenn auch zusätzlich e-mails gefunden würden, die Kontakt zu radikalen Gruppierungen zeigen. Wenn dann zusätzlich noch radikale Schriftstücke auf einem Rechner die Mehrheit aller vorhandenen Dokumente darstellen, dann entsteht ein Bild, oder nicht?
Für den Staatsdiener bedeutet Radikalität schon, daß eine Meinung vom Durchschnitt abweicht. Huch, ich bin ein Radikaler. Stört mich aber nicht, ich beziehe mich da einfach auf's Recht auf freie Meinungsäußerung.
Was passiert eigentlich mit den Daten, bis ein Richter entscheidet ob sie verwertet werden? Dem Richter vertraue ich, weil das eine Grundlage ist um dem Rechtsstaat an sich halbwegs zu vertrauen. Aber alle anderen involvierten ...
"Du Hans, du weißt doch noch der Typ den wir vor drei Jahren ausgekundschaftet haben, haste in der BILD gelesen? ... der kandidiert jetzt für die <Partei hier eintragen> und da hat mich der Horst, du weißt schon, der Cousin vom Chef, gefragt, ob wir da noch ein paar Dateien davon haben ..."
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MrSpock:
Die gezielte Bespitzlung von wenigen Computern, die Leuten gehören, die sich bereits verdächtig gemacht haben, kann deshalb aus meiner Sicht zur Verhinderung von Bombenanschlägen, Vergiftungen oder anderen terroristischen Akten führen.
Gezielt ja. Das kam aber erst in die Diskussion,
nachdem sich alle empörten.
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MrSpock:
Offensichtlich hat also die Speicherung von Telekommunikationsverbindungsdaten bei der Aufklärung des Bombenanschlages in Madrid geholfen. Dass es bei der Prävention auch helfen kann, gilt für mich als logische Annahme. Wenn sich aus anderen Erkenntnissen ergibt, dass ein Anschlag unmittelbar bevorsteht und eine Rasterfahndung Erfolg bei der Vereitlung verspricht, hätte ich nichts dagegen. Wie gesagt, das von mir vorgeschlagene Unwort des Jahres wird leider immer wieder und aus meiner Sicht unberechtigt benutzt.
Soso
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MrSpock:
Um bei uns eine Anstellung zu bekommen, muss man eine Sicherheitsüberprüfung über sich ergehen lassen. Aus Generalverdacht? Um einen Kredit zu bekommen, muss man Sicherheiten vorweisen. Aus Generalverdacht?
Jain. Man kann es womöglich so interpretieren, aber der eigentliche Grund ist, daß wir Deutsche sind und nicht US-Amerikaner. Bei denen geht ja mehr durch, wie man anhand der Bankenkrise wieder vorgeführt bekam. Aber Spaß beiseite, die Sicherheit fordert die Bank und weil ich ja etwas von der Bank will, muß ich mich auf diese Forderung einlassen. Der Kontext ist ein ganz anderer. Ich habe noch nie einen öffentlichen Aufschrei einer Menge von Bürgern (bspw. Unterschriftensammlung, Petition) gesehen, der nach mehr Sicherheit gewesen wäre. Die Sicherheitspolitik von Schäuble ist wir ÖR und GEZ. Nicht alle wollen sie, aber alle bekommen sie verordnet.
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MrSpock:
In einer Spielstraße findet eine Geschwindigkeitskontrolle statt. Aus Genralverdacht?
Hier beschränkt sich "die Allgemeinheit" auf jene, die in der Zeit der Kontrolle, diese Straße frequentieren. Ob man das noch als Allgemeinheit bezeichnen kann oder will, ist Geschmackssache. Allerdings wird bei der Geschwindigkeitskontrolle maximal zu sehen sein, daß ich in weiblicher Begleitung im Auto saß - und, wenn ich mich als zufälliger Profi
zu doof anstelle und rase - können sie noch meine Papiere kontrollieren. Bei einer Geschwindigkeitskontrolle gucken die aber noch nichtmal in den Kofferraum, es sei denn der Fahrer verhält sich nervös o.ä. (auchh sehr professionell).
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MrSpock:
Das ist genau die völlig überzogene und ungerechtfertigte Übertreibung mit diesem Unwort, die ich kritisiere.
Minority Report habe ich gesehen. Ist ein toller Film, über den man sehr gut diskutieren kann. Es werden hier eben sehr schön die beiden Seiten der Madaille gezeigt. Ein Verbrechen verhindern, weil "Medien" es vorhersagen können, ist doch eine super Gelegenheit. Jemanden dann einzusperren, weil er die Tat begangen hätte, ist sicherlich anders zu bewerten.
Das Wort Wahrscheinlichkeit hatten wir ja schonmal, aber auch bei Minority-Report war es keine 100%ige Wahrscheinlichkeit. Selbst bei 99,999% Wahrscheinlichkeit, ziehen in Deutschland noch 800 Menschen die Arschkarte für übertriebene Prävention.
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MrSpock:
Ich denke, dass es mir in wenigen Sätzen nicht gelingen wird, deinen gesamten politischen Frust und deine negative Einstellung zum Staat aufzuheben.
Da stimme ich dir uneingeschränkt zu. Ist ja ohnehin nicht deine Aufgabe