Sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren,
mit zunehmender Besorgnis nehme ich die Abschaffung der freiheitlichen Bürgerrechte in unserem Land zur Kenntnis. Dies betrifft hauptsächlich die Forderungen des Bundesinnenministers Dr. Schäuble:
- Vorratsdatenspeicherung von Verbindungsdaten
- Verdeckte Online-Durchsuchung von privat Rechnern
- Online Zugriff auf digital gespeicherte Passbilder und weitere biometrische Daten
- Einführung der Antiterrordatei
- Zugriff auf die Mautdaten zur Verbrechensbekämpfung
- Einsatz der Bundeswehr im Inneren
- Einführung eines zentralen Bundesmelderegisters
- Abschaffung der Unschuldsvermutung
Alle Maßnahmen schränken die Bürgerrechte weiter ein und dienen der Überwachung des Volkes, ohne dass sie bezüglich der Terrorgefahr einen ersichtlichen Nutzen bringen würden. Mehr noch, teilweise verstoßen sie sogar gegen das Grundgesetz. Dies scheint Herrn Dr. Schäuble allerdings nicht zu stören, dann muss eben das Grundgesetz geändert werden, so seine Aussagen. Herr Dr. Schäuble führt anscheinend einen Kampf gegen den Terrorismus, bei dem er jegliche Verhältnismäßigkeit aus dem Auge zu verlieren scheint. Aber mehr Überwachung und Kontrolle wird nicht die Gefahr eines Terroranschlages verringern. Eine 100% Sicherheit wird es nicht geben und kann es auch nicht geben. Ich sehe mich als Bürger bei diesen Punkten erheblich in meinen Grundrechten verletzt und bin der Überzeugung, dass dieser Grundrechtseingriff, wenn überhaupt gedeckt, unverhältnismäßig ist. Auch bin ich der festen Überzeugung, durch den abzusehenden Maßnahmen-Katalog als Bürger zu einem reinen Objekt (vorsorglicher) staatlicher Ermittlungen zu werden.
Ich bin der Meinung, dass diese Maßnahmen dazu führen, dass die Bundesrepublik Deutschland immer mehr zu einen Überwachungsstaat wird. Das Volk soll dem Staat vertrauen, aber wie kann es dem Staat vertrauen, wenn der Staat seinem Volk nicht vertraut? Und dann wird sich über zunehmende Politikverdrossenheit beklagt, wenn führenden Politiker am Willen des Volkes vorbeiregieren und anscheinend nur sich selbst verpflichtet sind.
Begründet werden diese Maßnahmen (Vorratsdatenspeicherung, zunehmende Überwachung, heimliche Online-Durchsuchung) mit der drohenden Terrorgefahr und Bekämpfung von sonstigen Schwerverbrechen. Mit diesen Schlagworten bekommt man natürlich jeden unbedarften Bürger auf seine Seite. Aber bedenken Sie, dass es bisher keinen erfolgreichen Anschlag in Deutschland gab. Zudem wurden die Anschläge außerhalb Deutschlands, und auch der nicht erfolgreiche in Deutschland, von Personen verübt, die bis dahin völlig unbekannt waren und auch nicht durch entsprechendes Verhalten aufgefallen sind. Eine präventive Überwachung hätte die Anschläge daher auch nicht verhindern können. Man muss zwischen dem Nutzen und dem Bewahren der freiheitlichen Grundrechte abwägen. Und ich bin der Meinung, dass der Nutzen weitaus geringer ist, als man den Bürger glauben machen will. Mir sind meine freiheitlichen Grundrechte mehr Wert als der zweifelhafte Nutzen dieser Überwachungsmaßnahmen. Denn wenn wir es erstmal soweit kommen lassen, dann hat der Terror gewonnen.
Es ist für mich selbstverständlich, dass sich aufgrund aktueller technischer Entwicklungen neue Fragen und Probleme im Rahmen der Ermittlungen staatlicher Behörden stellen. Insofern ist eine Diskussion über das was geht und das was gemacht werden darf längst überfällig und muss auch geführt werden – am Ende einer solchen Diskussion dürfen aber keine Maßnahmen stehen, die sämtliche Bürger unter Generalverdacht stellen und eine Katalogisierung der Bürger vorsehen.
George Orwell hat sein Buch 1984 als Utopie geschrieben. Ich muss feststellen, dass aus dieser Utopie so langsam Realität zu werden scheint in unserem Land.