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Wie geht es weiter mit Corona

Ein Thema von dummzeuch · begonnen am 2. Apr 2020 · letzter Beitrag vom 4. Nov 2021
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Benutzerbild von Sherlock
Sherlock

Registriert seit: 10. Jan 2006
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Delphi 12 Athens
 
#221

AW: Wie geht es weiter mit Corona

  Alt 12. Mai 2020, 08:43
Die Propaganda wurde schon in den 1920er hauptsächlich von Edward L. Bernays "erfunden", und seitdem munter in allen Bereichen genutzt.
Das haben vorher schon ganz andere viel erfolgreicher und manchmal auch überraschend subtil eingesetzt. Vom antiken Ägypten über dem antiken Rom zu den diversen Religionsgruppen, dem katholischen Rom der Gegenreformation (als Namenspate) bis hin zu Revolutionären und Gegenrevolutionären jeglichen Jahrhunderts. Kurz: Bernays hat nur schriftlich zusammengefaßt, was alle schon längst wußten, heutzutage würde man das kaum als Erfindung, allenfalls als weitere wissenschaftliche Studie zu einem altbekannten Thema abtun, aber damals™ gab es noch nicht so viele davon.

Sorry for OT.

Sherlock
Oliver
Geändert von Sherlock (Morgen um 16:78 Uhr) Grund: Weil ich es kann
 
Rollo62

Registriert seit: 15. Mär 2007
4.117 Beiträge
 
Delphi 12 Athens
 
#222

AW: Wie geht es weiter mit Corona

  Alt 12. Mai 2020, 09:40
@Sherlock

Gut aufgepasst, deswegen die Anführungszeichen bei "erfunden"

Die Amerikaner haben Benays Buch in der Nachkriegszeit jedenfalls vom reinen Kriegsmittel in alle unsere Lebensbereiche übersetzt.
Leider wird das Thema wegen dem vorbelasteten Begriff oft missverstanden, es geht um alle Bereiche.
Das sollte man eigentlich schon in der Schule lernen wie man sich davor schützen kann.
 
Hobbycoder

Registriert seit: 22. Feb 2017
961 Beiträge
 
#223

AW: Wie geht es weiter mit Corona

  Alt 12. Mai 2020, 09:55
Wenn wir uns DE im weltweiten Vergleich anschauen, sind wir (so meine Meinung) noch gut dran, es hätte weitaus schlimmer kommen können (Italien, New York und noch einige andere haben das leider gezeigt).
Aber genau bei diesen beispielsweise genannten Orte muss man sich die demografischen Hintergründe genau anschauen.
Italien gilt, genauso wie Spanien, zu den attraktivsten Urlaubsgebieten. Und, was vielleicht noch entscheidender ist, in Italien wie auch in Spanien gibt es sehr viele kleine Ort, in den der Altersdurchschnitt extrem hoch ist. Die Arbeitsangebote in den kleinen Orten ist sehr eingeschränkt, so dass viele junge Leute in die großen Metropolen wegwandern. Selbstverständlich hat dort ein Virus bessere Verbreitungsmöglichkeiten. Hinzu kommt, dass z.B. große Familientreffen zu allen möglichen Ereignissen dort Tradition hat. Mehr als in Deutschland.
Wenn dann in den Provinzen solche Krankheitserreger ausbrechen, sind die wenigen zentralen Kliniken extrem schnell überlastet. Die Flächenabdeckung von Kliniken ist dort um einiges schlechte als bei uns.

In New York ist die Masse an Menschen ein großes Problem. Auch, dank Trump, haben sehr viele Menschen gar keinen Zugang zum Gesundheitssystem. Die Menge an Nichtversicherten ist dort sehr hoch. Dazu kommen unvorstellbare Lebenshaltungskosten, und so können es sich viele Menschen gar nicht leisten eine Arzt oder eine Klinik aufzusuchen. Geschweige denn überhaupt als Prävention, 2 Wochen zu Hause zu bleiben (sofern sie denn eins haben). Gezeigt werden immer nur die Bilder vor den Kliniken. Die vielen Obdachlosen, die Menschen die nur für die Grundversorgung ihrer Familie 2,3 oder mehr Jobs haben, können es sich gar nicht leisten, dass man ihre Erkrankung erkennt und sie in Zwangsquarantäne steckt, und sie somit ihren Job verlieren. Da ist die Unterstützung vom Staat einfach nicht gegen. Und wenn man vor der Wahl steht, Corona entweder hoffentlich gut zu überleben und an Hunger zu sterben, oder seine Kinder nicht mehr versorgen zu können, kann man diese Entscheidung sogar verstehen. Damit ist natürlich klar, warum gerade in den Großstädten der USA die Verbreitung wesentlich schneller geht.

Die starke Verbreitungsmöglichkeiten in manchen Region dieser Welt liegt schlicht und ergreifend in einer mangelhaften Sozialplanung, einflussreicher Marktwirtschaft. Auch in Deutschland haben wir eine ähnliche Entwicklung, wenn gleich diese auch nicht so ausgeprägt ist, wie in anderen Ländern.
Die Privatisierung städtischer Krankenhäuser führte in der Vergangenheit zu Betten- und Personalabbau um die Wirtschaftlichkeit sicherzustellen. Aber Krankenhäuser müssen bedingt unwirtschaftlich sein dürfen, damit die Versorgung der Bevölkerung zu Krisenzeiten sichergestellt werden kann. So etwas ist in privater Führung aber nur begrenzt möglich.

Nicht der Virus ist Schuld an der großen Verbreitung in den Gebieten wo es hohe Totesraten gibt, sondern die schlechte Vorbereitung und Umgang mit der Bevölkerung (USA) ist es. Schlimm, aber so ist es leider.
Gruß Hobbycoder
Alle sagten: "Das geht nicht.". Dann kam einer, der wusste das nicht, und hat's einfach gemacht.
 
Alallart

Registriert seit: 8. Dez 2015
155 Beiträge
 
#224

AW: Wie geht es weiter mit Corona

  Alt 12. Mai 2020, 10:32
@Hobbycoder

Eine sehr gute Analyse. Als der Hamburger Mediziner Klaus Püschel in den Tagesthemen interviewt wurde, und, die Gefährdungslage für Deutschland etwas relativierte, verwies der Moderator auf die Lage in New York und Italien. Worauf der antwortete (frei aus dem Gedächtnis): "warum wird immer geguckt wie die Lage in New York und Italien ist?" Gemeint hat er, dass nur weil die Lage an den beiden Orten katastrophal ist, das nichts über Deutschland aussagt.

Wobei die Lage in den USA nicht so katastrophal ist wie wir es aus den Medien ständig erfahren (ich kenne eine Amerikanerin). Die Medien konzentrieren sich auf New York und Umgebung, wo es schlimm ist. In den meisten Gegenden der USA ist die Lage entspannter als in Deutschland. NY ist ein Ballungsraum, die Ansteckungsgefahr ist höher, viele nutzen öffentliche Verkehrsmittel (mehr als in Deutschland), Taxis, Restaurants usw. Man kann somit nicht alle Orte miteinander vergleichen. Und ja, wie du gesagt hat, wenn man nicht versichert ist, geht man nicht rechtzeitig zum Arzt (inzwischen werden Corona-Untersuchungen beim Arzt vom Staat übernommen). Bei all dem sollte man auch bedenken, nicht nur Trump regiert das Land, auch die Gouverneure. Über die hört man auch wenig. Wenn der Gouverneur von New York den Leuten in der Corona-Zeit empfiehlt Restaurants zu besuchen und auszugehen, dann ist nicht nur Trump für die Lage verantwortlich.
 
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p80286

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FreePascal / Lazarus
 
#225

AW: Wie geht es weiter mit Corona

  Alt 12. Mai 2020, 10:40
Das aktuell dazu kursierende Zitat (von Loriot?) passt wirklich sehr gut:
Zitat:
Intelligente suchen in Krisenzeiten nach Lösungen, Idioten nach Schuldigen.


Meist fangen die Probleme erst richtig an wenn man den "Schuldigen" ans Kreuz genagelt hat.

Gruß
K-H
Programme gehorchen nicht Deinen Absichten sondern Deinen Anweisungen
R.E.D retired error detector
 
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Moombas

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FreePascal / Lazarus
 
#226

AW: Wie geht es weiter mit Corona

  Alt 12. Mai 2020, 11:42
@Hobbycoder: Das ist richtig, war ja auch nur ein Beispiel. Wir könnten da nun auch noch auf die unterschiedlichen Lebensweisen/Geselligkeiten eingehen etc. mir ging es nur um die "reine" Situation.
Und gerade Unterschiede wie z.B. das bei uns existente Gesundheitssystem (um dein USA-Beispiel zu nehmen) zeigt das wir gar nicht so schlecht dran sind. Dazu kommen halt soziale Absicherungen wie das Kurzarbeitergeld etc., was viele andere Staaten schlicht nicht haben. Das nur mal als Beispiele.
Und genau das sind die Gründe, warum ich der Meinung bin: Man jammert bei uns auf seeeeehr hohem Niveau.
Der Weg ist das Ziel aber man sollte auf dem Weg niemals das Ziel aus den Augen verlieren.
 
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jaenicke

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Delphi 11 Alexandria
 
#227

AW: Wie geht es weiter mit Corona

  Alt 12. Mai 2020, 14:34
Die Anzahl der Verstorbenen wird einfach als Gesamtzahl in den Raum gestellt. Darunter befinden sich ein sehr großer Teil von sehr alten Menschen und Menschen mit starken Vorerkrankungen. Viele von denen wäre (leider) auch an vielen anderen Viruserkrankungen gestorben.
[...]
Es gibt berichte namenhafter Institute, die für Deutschland eine Dunkelziffer der an Corona erkrankten und bereits wieder gesundeten Menschen von 1,8 Mio. schätzen.
Es gibt nur einen (in Europa) zu quasi 100% verlässlichen Wert:
Wie viele Menschen in den verschiedenen Ländern in welchen Zeiträumen sterben.

Daher ist die daraus ermittelte Übersterblichkeit bezüglich der Gefährlichkeit einer solchen Pandemie der wichtigste Wert. Nur lässt sich dieser erst Wochen später zuverlässig ermitteln und die Erkrankten sterben ja auch erst nach einer gewissen Zeit im Krankenhaus. Man kann damit also erst 3-4 Wochen später sehen wie viele Todesfälle es gab, bei denen die Ansteckung noch einmal 1-2 Wochen oder mehr zurücklag. Wir sehen also aktuell quasi erst die Todesfälle durch Ansteckungen Ende März bis Mitte April!

Und leider sind diese Werte sehr hoch und deutlich höher als bei jeder Grippepandemie der letzten Jahrzehnte (leider finde ich keine durchgehenden Zahlen bis in die 60er Jahre mit der Hongkong-Grippe 1968/69, kann also erst ab 1990 vergleichen). Und diese Erhöhung der Sterblichkeit sieht man auch im Durchschnitt über Europa, wobei da ja nur wenige Länder wirklich schwer getroffen sind. In diesen Ländern sehen die Werte noch schlimmer aus. In (EDIT: Teilen von) Italien sind innerhalb von 4 Wochen so viele Menschen gestorben wie in den letzten Jahrzehnten in einem halben Jahr und in manchen kleineren Orten so viele wie sonst in einem ganzen Jahr.

Da meine Frau, unser Sohn und meine Schwiegereltern alle in die Risikogruppen gehören, sind wir deshalb durchaus vorsichtig... Panik wäre aber fehl am Platz, dafür ist die Sterblichkeit dann doch nicht hoch genug.
Sebastian Jänicke
AppCentral

Geändert von jaenicke (13. Mai 2020 um 09:22 Uhr)
 
Alallart

Registriert seit: 8. Dez 2015
155 Beiträge
 
#228

AW: Wie geht es weiter mit Corona

  Alt 12. Mai 2020, 15:37
Da meine Frau, unser Sohn und meine Schwiegereltern alle in die Risikogruppen gehören, sind wir deshalb durchaus vorsichtig... Panik wäre aber fehl am Platz, dafür ist die Sterblichkeit dann doch nicht hoch genug.
Vielleicht eines vorab, ich verharmlose die Pandemie nicht. Auch ich habe meine Leute auf die ich aufpasse, für die ich einkaufe, die ich isoliert halte, weil sie zu den Risikogruppen gehören und ich kein Risiko eingehen will. Wenn ich also diskutiere, dann nicht weil ich etwas verharmlose, sondern weil ich etwas richtig sehen will.

Ich habe eine weitere Grafik erstellt. Grundlage deine Quelle. Das ist mir schon vor einer Woche aufgefallen, heute wieder. Am Anfang jeden Jahres sieht die Statistik bestimmter Länder ähnlich aus. Dieses Jahr ist es sehr viel schlimmer. Dennoch, auch die letzten Jahre stachen bestimmte Länder heraus, wenn auch nicht so schlimm wie dieses Jahr.
Miniaturansicht angehängter Grafiken
zusammen2.jpg  

Geändert von Alallart (12. Mai 2020 um 15:40 Uhr)
 
Hobbycoder

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961 Beiträge
 
#229

AW: Wie geht es weiter mit Corona

  Alt 12. Mai 2020, 16:19
Die Anzahl der Verstorbenen wird einfach als Gesamtzahl in den Raum gestellt. Darunter befinden sich ein sehr großer Teil von sehr alten Menschen und Menschen mit starken Vorerkrankungen. Viele von denen wäre (leider) auch an vielen anderen Viruserkrankungen gestorben.
[...]
Es gibt berichte namenhafter Institute, die für Deutschland eine Dunkelziffer der an Corona erkrankten und bereits wieder gesundeten Menschen von 1,8 Mio. schätzen.
Es gibt nur einen (in Europa) zu quasi 100% verlässlichen Wert:
Wie viele Menschen in den verschiedenen Ländern in welchen Zeiträumen sterben.
Richtig. Nur geht es in den Berichten und in den Faktoren für die Maßnahmenfindung nicht um die Gesamtsterblichkeit, sondern um die, welche Corona zugeordnet werden. Wie diese Zuordnung passiert ist schwierig. Denn ein Patient, dessen Immunsystem durch Medikamente nahe zu auf Null gefahren wird, dessen Organe bereits durch andere Krankheiten stark beeinträchtigt sind, der ab mit Corona verstirbt, wird auch zu dieser Zahl hinzugezählt. Ich gebe zu, dass ist in vielen Fällen sicher schwer zu beurteilen.

Daher ist die daraus ermittelte Übersterblichkeit bezüglich der Gefährlichkeit einer solchen Pandemie der wichtigste Wert. Nur lässt sich dieser erst Wochen später zuverlässig ermitteln und die Erkrankten sterben ja auch erst nach einer gewissen Zeit im Krankenhaus. Man kann damit also erst 3-4 Wochen später sehen wie viele Todesfälle es gab, bei denen die Ansteckung noch einmal 1-2 Wochen oder mehr zurücklag.
Also, wir haben zur Zeit innerhalb von 2 Monaten ca. 7000 Todesopfer "durch Corona". Also 3500 pro Monat. Nun haben wir sowieso z.B. im Jahr 2019 im Monat in Deutschland um die 79000 Verstorbene (alle Ursachen, Krank, Alterschwäche, Unfall zusammen).Diese Monatsdurchschnittswert variieren immer etwas von Jahr zu Jahr. Gerade in den Jahresanfängen. Und wenn man nun mal annimmt, beweisen lässt sich das sowieso nicht, dass die bisher gezählten 7000 Todesopfer gar nicht alle AN Corona gestorben sind, dann ist die Übersterblichkeitsrate schwierig zu beurteilen. Ich sehe das zumindest kritisch, und denke, dass man hier die Zahlen, auch um das eigene Handeln besser zu unterstützen, ...naja, sagen wir mal "geschickt gerechnet" hat.


Und leider sind diese Werte sehr hoch und deutlich höher als bei jeder Grippepandemie der letzten Jahrzehnte
2017/2018 waren es 25100 Todesopfer durch die Grippe: https://www.deutsche-apotheker-zeitu...e-grippesaison

In Italien sind innerhalb von 4 Wochen so viele Menschen gestorben wie in den letzten Jahrzehnten in einem halben Jahr und in manchen kleineren Orten so viele wie sonst in einem ganzen Jahr.
Naja, in Italien sterben pro Jahr um die 633 Tausend Menschen. https://de.statista.com/statistik/da...n-eu-laendern/ Insofern kommt deine Rechnung nicht hin. Zur Zeit spricht man von 30000 Todesopfer durch Corona. Und das liegt, meiner Meinung nach an dem schlechten Gesundheitssystem.

Da meine Frau, unser Sohn und meine Schwiegereltern alle in die Risikogruppen gehören, sind wir deshalb durchaus vorsichtig... Panik wäre aber fehl am Platz, dafür ist die Sterblichkeit dann doch nicht hoch genug.
Da tust du gut daran, und will auch keinem was anderes einreden.

Das man die aktuelle Krise natürlich mit den Zahlen beschreiben muss ist völlig klar. Nur müssen die in Argumentation genannten Zahlen stimmen. (Ich meine jetzt nicht dich, sondern Presse und Politik). Denn wenn später belegt wird, dass die Zahlen ganz anders waren, wird logischerweise die Glaubwürdigkeit derer in Frage gestellt, die mit den ursprünglichen Zahlen um sich geworfen haben. Daraus resultieren dann Verschwörungstheorien und Hetzgerede. Und das will keiner.
Gruß Hobbycoder
Alle sagten: "Das geht nicht.". Dann kam einer, der wusste das nicht, und hat's einfach gemacht.

Geändert von Hobbycoder (12. Mai 2020 um 16:21 Uhr)
 
Benutzerbild von Assarbad
Assarbad

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#230

AW: Wie geht es weiter mit Corona

  Alt 12. Mai 2020, 16:46
Die Propaganda wurde schon in den 1920er hauptsächlich von Edward L. Bernays "erfunden", und seitdem munter in allen Bereichen genutzt.
Oh je. Gelesen (oder meinetwegen als Hörbuch gehört) hast du das Buch dann aber auch. Oder nur davon gehört?

Der Begriff stammt aus dem 17. Jahrhundert (aufgewärmt im 19. Jahrhundert, worauf sich Bernays direkt bezieht) von der katholischen Kirche und Bernays wirbt dafür die - während des Ersten Weltkriegs - "gewonnene" Konnotation von Propaganda als etwas schändlichem abzulegen und den Begriff Propaganda - nicht mit den Konnotationen die dieser Begriff heute, fast 100 Jahre später mitschleppt - allein für das Werkzeug (bzw. die Herangehensweise) zu nutzen und seine Nützlichkeit für völlig harmlose Zwecke doch zu erkennen.

Wiktionary (oben verlinkt, Hervorhebung von mir) bemerkt dazu: Modern political sense dates from World War I, not originally pejorative.

Bernays fordert mithin eine Rückkehr zu einem neutralen Begriff Propaganda, anstatt des seit dem Ersten Weltkrieg mit Konnotationen belasteten Begriffs.

Allerdings weiß ich auch in welchen Kreisen dieses Buch besonders goutiert wird; aus mir unerfindlichen Gründen. Denn skandalös ist der Inhalt absolut nicht. Übrigens ist es ein Buch welches durchaus auch heute noch lesenswert ist - zumindest da stimme ich mit dir überein. Die Erstausgabe stammt von 1928. Soviel nur als Einordnung für alle die mitlesen. Also die durchaus nicht krisenfreie Zeit zwischen den Weltkriegen.

Die Amerikaner haben Benays Buch in der Nachkriegszeit jedenfalls vom reinen Kriegsmittel in alle unsere Lebensbereiche übersetzt.
Ich frage mich gerade ob wir verschiedene Bücher gelesen haben?! Ich hab mein Exemplar antiquarisch erworben. Vielleicht hab ich da ne Ausgabe aus einer Zeit erwischt in der das Buch noch kein Kriegsmittel war?! Oder hast du ne schlechte Übersetzung erwischt? Meine Ausgabe ist im englischen Original.

Das was Bernays beschreibt, beinhaltet in der Tat auch den Mißbrauch des Werkzeugs (bzw. der Technik, bzw. der Herangehensweise) Propaganda im Ersten Weltkrieg. Aber das ist nicht das was er im Buch propagiert (<- heutiger Wortsinn). Zumindest kam das bei mir nicht so an. Und die Fallstudien und Wichtigkeit für den Erhalt der Demokratie kamen jetzt bei mir nicht als "Kriegsmittel" an.

Der Mann hat grob gesagt die - bereits erfolgreich eingesetzten - Methoden analysiert und kategorisiert. Heute sagt man zu dem was er 1928 als Propaganda verstanden haben wollte: PR (aus dem Englischen für Public Relations, eingedeutscht gern als Öffentlichkeitsarbeit).

Vielleicht solltest du das Buch (nochmal?) lesen und statt Propaganda - mit den heutigen Konnotationen im Kopf - denkst du dir jedesmal "opaganda" weg und das "r" in Großschreibung. Dann erschließt sich der Sinn, falls man irgendwie verpaßt hat, daß Bernays für eine Rückkehr zum neutralen Begriff wirbt und nicht den Begriff den die meisten Forenten hier mit all seinen Konnotationen von Kindheit an kennen.

NB: die Anführungszeichen bei "erfunden" sind mir übrigens nicht entgangen. Aber wenn du eine bestimmte Interpretation wünschst, solltest du sie nahelegen

Kurz: Bernays hat nur schriftlich zusammengefaßt, was alle schon längst wußten, heutzutage würde man das kaum als Erfindung, allenfalls als weitere wissenschaftliche Studie zu einem altbekannten Thema abtun [...]
Genauso habe ich das Buch auch verstanden. Viele wußten vielleicht von Propaganda, aber die Wirkprinzipien waren ihnen dennoch wahrscheinlich nicht bewußt.
Oliver
"... aber vertrauen Sie uns, die Physik stimmt." (Prof. Harald Lesch)
 
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