Ehrlich gesagt, ich finde diese Einstellung sehr seltsam: nur weil mir etwas nicht paßt, droh ich sofort mit Rechtsanwalt oder Dienstaufsichtsbeschwerden etc. und mich ansonsten aus meiner eigenen Erziehungspflicht zu verabschieden!
Halt, Stop Hüh. Sowas da reinzuinterpretieren ist strange und geht an der Grundaussage vorbei, die ich eigentlich(tm) treffen wollte.
Ich als ein Elter muss mein Kund auf das Leben in der Welt vorbereiten. Die Institution Schule ist dabei ein vom Staat vorgegebener Dienstleister (mein Kind wird Schul
pflichtig sein).
Ich versuche zu Hause nach allen Mitteln der Kunst, meine(*) Kinder nicht durch Verbote sondern durch das (im übrigen sehr aufwändige!) aufzeigen und Schmackhaft machen von besseren Alternativen zu erziehen.
(*) Mein Stiefsohn ist 17 und beginnt gerade seine Lehre. Nachdem ich vor ein paar Jahren als sein Papa akzeptiert wurde hat sich sein Notenschnitt massiv gebessert und seine Lehrer waren erstaunt, zu was er auf einmal fähig ist. Bei ihm in der Schule ist das genannte passiert. Meine Tochter ist 14 Monate alt, sie hat noch etwas Zeit bis zur Schule.
Ich erwarte dann aber auch, dass die Schule als Dienstleister, den ich a) in Anspruch nehmen
muss und den ich b) durch meine von mir gezahlten Steuern auch mit finanziere, meinem Kind nicht einfach so irgendwelche Verbote auferlegt die meinem Erziehungsideal vollkommen konträr entgegenstehen, weil die Schule (vermutlich bei anderen Kindern als meinem) ein 'Fehlverhalten' ausgemacht hat, dass sie
- unterdrücken will
- nicht anders in den Griff bekommt
- vielleicht durch eigenes Verhalten provoziert hat
- es vielleicht bequemer ist, das Verbot auszusprechen als das Problem alternativ und erzieherisch wertvoll anzugehen
Zumal habe ich ja aufgezeigt, dass auch andere Personenkreise (unter anderem die Kultusministerkonferenz, deren Auftrag auch Erziehung beinhaltet), einem Verbot kritisch gegenüberstehen. Wenn die KMK ein Verbot ablehnt, eine Schule dann aber dem politischen Steuerungsorgan das die KMK darstellt zuwiderhandelt, dann sehe ich mich da einfach im Recht und in der (zumindest mir gegenüber moralischen) Pflicht, diese Mißstände nach meinen Kräften zu korrigieren.
Das beinhaltet zum einen, meinen Erziehungsauftrag wahrzunehmen und mit meinem Kind zusammen eine Argumentationskette pro und Kontra zu erarbeiten. Vielleicht wäre meine Tochter ja der Ansicht, dass das Verbot gut ist und sie gut damit Leben kann. Damit hätte sich das vielleicht erledigt. Mein Sohn war da definitiv anderer Ansicht (wie ich auch), und deswegen habe ich zuerst das konstruktive Gespräch mit dem Rektor gesucht. Das hat leider nicht gefruchtet, weswegen ich dann nachlegen musste.
Wenn meinem Kind in der Schule nur beigebracht wird, Probleme nicht konstruktiv zu bearbeiten, sondern durch Verbote (vermutlich) nicht mehr aufkommen zu lassen, wie soll ich dann erklären, dass es besser wäre das anders zu lösen? Es ist mehr Zeit in der Schule, und bekommt dort mehr "Verbot" vorgelebt als konstruktive Problemlösung. Wird so ein Kind mal Politiker kommen dann natürlich nur "Zitatverbote" (Leistungsschutzrecht) oder "Stopp-Schilder im Internet" bei raus.
Das hier kann ich daher absolut nicht nachvollziehen:
Das ist etwas was mir in den letzten Jahren immer mehr auffällt: wir schieben unsere Erziehungsverantwortung immer mehr an andere ab und machen diese auch immer mehr dafür verantwortlich, wenn mal was schief geht.
Mir geht gerade in der Schule dieses Drohen mit dem Rechtsanwalt so was von auf den Keks (da gab es erst vor kurzem [ich glaub im Spiegel oder der Zeit] einen Artikel über einen Rechtsanwalt der sich genau darauf spezialisiert hat: gruselig!). Ist unsere Gesellschaft denn nicht mehr in der Lage auch mal zu akzeptieren, daß ein Kind schlecht ist oder Mist gebaut hat? Können sich die Eltern denn nicht mehr selbst hinsetzen und ihren Kindern was beibringen?
Mal angenommen, es wäre mein Stiefsohn gewesen, wegen dem die ganze Aktion an der Schule hochgekommen wäre (was nicht der Fall war), und die Schule hätte das Verbot eingeführt - dann müsste nicht nur er, sondern auch alle anderen Kinder von anderen Eltern darunter leiden - und noch schlimmer - auch meine kleine Tochter die erst in ein paar Jahren auf diese Schule gehen müsste. Das wäre ganz klar eine gesetzlich verbotene Kollektivstrafe.
Ich versuche meiner Erziehungsverantwortung so gut wie möglich nachzukommen. Das erfordert viel Zeit, viel Recherche, ein halbes Psychologiestudium wenn man versuchen will zu verstehen was in so einem Kinderkopf abgeht und dann viel Geduld um den Kind die eigenen Gedankengänge nachvollziehbar darzulegen, so dass es auch versteht was das ganze gerade soll und warum man das macht.
Wenn die Schule dann aber so einen nicht nachvollziehbaren Bockmist baut, der a) meine ganze Erziehungsarbeit ad absurdum führt, b) nicht Zielführend ist, c) mein Kind unbetroffen in Mitleidenschaft zieht, d) nur die Verbotskeule schwingt anstelle konstruktiv an Probleme zu gehen, dann muss ich hier einschreiten. Das bin ich meinen Kindern und den Kindern der anderen Eltern einfach schuldig.
Das hat nichts mit abschieben der Erziehungsverantwortung zu tun, sondern mit dem bewussten und entschiedenem Wahrnehmen eben dieser.