Ich will dann mal aus erster Hand berichten. Eine Freundin von mir ist bei den Piraten aktiv. Da bin ich, aus Interesse, mal mit zu einer Plenumssitzung gegangen. Ich hatte erst gedacht: "
Oh mein Gott, wo bist du denn hier gelandet?" Denn die Sitzung fand in einer Imbissbude statt!
Aber wie ich später erfahren habe, nur weil ihr Raum im Bürgerhaus an dem Tag anders belegt war wegen einer Veranstaltung. Im Protokoll wurde ich dann als Freibeuter geführt. Da hatte ich dann auch so meine Zweifel, wie ernst man sie nehmen kann. Aber OK, das sind nur Oberflächlichkeiten.
Um was es jetzt genau ging, habe ich nicht mehr in Erinnerung. Von den 20 Anwesenden gab es vielleicht 5, die ernsthaft diskutiert haben, der Rest hat nur da gesessen und mehr oder weniger zugehört. Ein Thema war, wer verteilt GEMA-freie Liederbücher an die Kindergärten. Wurde geklärt, fand ich eine gute Aktion. Dann wollte einer einen regelmäßigen Videopodcast machen. OK, warum nicht. Aber wie er ihn machen wollte, hat bei mir Entsetzen ausgelöst. Ich will da jetzt nicht auf die Details eingehen, jedenfalls habe ich mich dann auch zu Wort gemeldet, weil ich es nicht mehr ausgehalten habe. Mir wurde zu gehört und meine Meinung zur Kenntnis genommen. das Thema wurde dann vertagt, damit noch mal alle drüber nachdenken können. Auch OK. Dann ging es um die Verlängerung einer Straßenbahntrasse. Das Thema wurde anscheinend schon länger diskutiert und ich konnte jetzt nicht so genau sagen, ob sie dafür oder dagegen sind und aus welchen Gründen. Auch OK. Die Informationsflyer für die Wahlen und die Heftchen mit dem Parteiprogramm waren auch in Ordnung.
Aber ich habe auch mitbekommen, mit welchen Problemen sie zu kämpfen haben. Und das Hauptproblem ist Geld -- schlicht und ergreifend Geld. Sie können sich kein eigenes Parteibüro leisten. So ist die Parteizentrale zum Beispiel ein Szeneladen in der kasseler Fußgängerzone. Schlecht. Jemand würde zum einem dort nicht die Parteizentrale vermuten und zum anderen wird sich wohl der ein oder andere etwas scheuen so einen Lack- und Ledermodewarenladen (Es ist kein Sexshop!) zu betreten. Und es wirkt natürlich unseriös. Aber aufgrund der finanziellen Situation nicht anders möglich. nach den Wahlen hätten sie eine Koalition eingehen können. Dann hätten sie sogar ein Büro im Rathaus bekommen. Gute Sache das. ABER dann wären sie nicht mehr politisch unabhängig geblieben. Es wurde dann so entschieden, dass man das Angebot ausschlägt und sich und seinen Wählern treu bleibt. Kann ich vertreten die Entscheidung.
Jedenfalls war ich teilweise positiv überrascht, dass sie nicht doch nur eine Spaßpartei sind die nur aus Freaks und realitätsfernen Menschen besteht. Bei manchen Themen hatte ich auber auch das Gefühl: Mensch lasst den Unsinn und kümmert euch um Sachen, die realisierbar sind und die Wähler bringen, ohne dabei zu stark von ihrer Linie abzuweichen. Mein Hauptkritikpunk war, dass es einfach an Öffenlichkeitsarbeit fehlt. Ich meine, wer von den normal Bürgern kennt die Piraten schon? Ich meine jetzt nicht nur vom Namen, sondern was sie wollen und für was sie stehen? Aber da wären wir wieder beim Problem Geld.
Letztendlich finde ich es gut, wenn sie sich politisch auf Themen beschränken von denen sie Ahnung haben. Und wenn sie in den Parlamenten nur mehr oder weniger beratende Funktion haben, die Finger in die Wunden legen und zu Themen von denen sie keine Ahnung haben und es wie Dieter Nur halten: "Einfach mal die Fresse halten." Ich glaube, dann haben sie schon fürs erste viel erreicht.