Ich hab schon versucht, meinem Sohn beizubringen, dass es sowas wie Respekt und Empathie gibt + dass nicht er entscheidet, was wer anderer kränkend finden darf.
Es kann aber auch nicht sein, dass nur die Personen, die sich durch Äußerungen anderer gekränkt fühlen, darüber entscheiden, was kränkend
ist. Es muss immer eine Balance stattfinden im Rahmen einer gesellschaftlichen Debatte, welche Äußerungen und Formulierungen objektiv beleidigend/kränkend
sind und daher von anderen zu unterlassen sind, und welche man ggf. als Einzelperson oder Mitglied einer Personengruppe auch mal hinnehmen muss. Das regeln allgemeine Benimmregeln, die sich in der Gesellschaft herausbilden (und sich im Laufe der Zeit ändern können). Diese können auch durchaus in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen voneinander abweichen und sogar widersprüchlich sein. Z.B. habe ich auch schon von Leuten gehört, die durchaus "Zigeuner" genannt werden wollen. Weil dieser Begriff für sie besser passt als der aktuell gebräuchlichere Begriff "Sinti und Roma".
Denn wenn diese Entscheidung nur auf der Empfängerseite getroffen werden soll, dann funktioniert das nicht. Prinzipiell nicht. Denn dann könnte jede noch so kleine Minderheit (bis hin zu einer einzelnen Person) verlangen, dass man bestimmte Begriffe nicht mehr verwenden darf, weil sie kränkend sind. Und dann muss man konsequenterweise auch die Volldeppen (oder Monty-Python-Fans) ernst nehmen, die verlangen, dass man das Wort "nie" nicht mehr verwenden darf, weil diese konsequente Ablehnung auf sie kränkend wirkt. Alles andere wäre dann heuchlerisch.
So kann eine Gesellschaft nicht funktionieren.
Dieser Balance-Gedanke fehlt mir in der aktuellen Diskussion. Aktuell läuft das doch so, dass wenn sich nur ein einziger aus einer "guten Minderheit" gekränkt fühlt, oder (noch schlimmer), wenn nur ein an und für sich völlig Unbeteiligter der Meinung ist, dass sich jemand gekränkt fühlen könnte, dann ist das schon Fakt und auf jeden Fall ist diejenige Schuld, die das böse Wort gesagt hat. Die pure Möglichkeit, dass hier jemand überempfindlich reagiert, wird oft gar nicht mehr in Betracht gezogen.
Und nein, das ist kein Victim-Blaming und auch keine Verharmlosung von rassistischer/sexistischer Sprache. Ganz im Gegenteil sogar.
The angels have the phone box.