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Erfolglos hat die FDP-Fraktion am Montag versucht, eine Verfassungsbeschwerde nach Karlsruhe zu faxen. Ist das ein Beleg für den miserablen Stand der Digitalisierung in Deutschland? Jein.
„Wir haben es von 15:59 Uhr bis 22:18 Uhr per Fax probiert“, erzählt Marco Buschmann, der parlamentarische Geschäftsführer der FDP im Bundestag, den Kollegen von der Süddeutschen Zeitung. Dann habe man aufgegeben und stattdessen am Dienstagmorgen einen Boten losgeschickt. Gegenstand der Bemühungen war die Verfassungsbeschwerde der FDP gegen die sogenannte Bundesnotbremse, das geänderte Infektionsschutzgesetz, das seit dem vergangenen Wochenende in Kraft ist.
Hihi, ein Fax
Allein die Aussage Buschmanns, Mitarbeiter hätten über sechs Stunden und 19 Minuten lang versucht, die Beschwerde per Fax von Berlin nach Karlsruhe zu bringen, erheitert viele Digitalisierungs-Aficionados. Das wäre Deutschland 2021, Unterlagen müssten gefaxt oder per – möglichst noch berittenem – Boten übermittelt werden.
Die Heiterkeit ist verständlich. Schließlich hat sich in den vergangenen Monaten allzu oft gezeigt, dass Behörden in Deutschland auf anachronistische Weise miteinander kommunizieren. In der Kommunikation zwischen Gesundheitsbehörden in der Coronakrise ist das Faxgerät zu zweifelhaftem Ruhm gelangt.
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Problem: Das sogenannte Schriftformerfordernis
Mit Blick auf den Fall der fehlgeschlagenen Einreichung der FDP-Verfassungsbeschwerde ist Häme indes nicht angebracht – jedenfalls nicht gegenüber den Einreichern. Die haben nämlich nur versucht, sich an die Buchstaben des Paragrafen 23 Absatz 1 Satz 1 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes (BVerfGG) zu halten. Darin heißt es: „Anträge, die das Verfahren einleiten, sind schriftlich beim Bundesverfassungsgericht einzureichen.“
Dieses sogenannte Schriftformerfordernis hat das Bundesverfassungsgericht immer wieder und zuletzt in einem Urteil aus dem Jahr 2018 so definiert, dass es nur erfüllt wird, wenn „ein körperliches Schriftstück“ eingeht. Das entspricht auch der sogenannten herrschenden Meinung, wie sie sich etwa in juristischen Kommentaren zum BVerfGG finden lassen.
Und – wer würde es bestreiten – eine E-Mail ist kein körperliches Schriftstück. In dem bereits genannten Urteil hatte das Gericht sogar eine Klage abgewiesen, die über das rechtssichere und die Identität gewährleistende De-Mail-System eingegangen war – und zwar an die De-Mail-Adresse des Gerichts.
Niemand hätte bestreiten können, dass die Klage von der Person X ganz sicher an das Gericht übermittelt worden war. Ganz egal: Eine E-Mail ist kein körperliches Schriftstück.
Wer müsste nun tätig werden?
Worin unterscheidet sich aber nun ein zunächst nicht körperliches Fax von einer ebensolchen E-Mail, mögen sich digitalisierungsfreudige Lesende nun fragen. Dazu hat das Gericht eine Antwort parat. So sei nämlich ein Telefax „zum sofortigen Ausdruck bestimmt“, eine E-Mail hingegen nicht.
Der schwarze Peter in dieser Angelegenheit liegt mithin nicht bei der FDP-Bundestagsfraktion und – abgesehen von Interpretationsspielräumen – auch nicht beim Gericht. Der schwarze Peter liegt eindeutig beim Gesetzgeber. Der müsste die E-Mail explizit als „verfahrenseinleitendes Schriftstück“ zulassen.
...ich wußte ja daß es schlimm ist... aber so.
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Das wäre Deutschland 2021, Unterlagen müssten gefaxt oder per – möglichst noch berittenem – Boten übermittelt werden.