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Gausi

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#72

AW: Wie geht es weiter mit Corona

  Alt 3. Apr 2020, 21:23
Ich schätze Martin Wehrle sehr für seine Videos rund um das Thema Bewerbungen. In letzter Zeit driftet er aber ein wenig ab, finde ich.

Was er sagt, ist nicht per se falsch. Klar wurde das Gesundheitssystem kaputt gespart. Und natürlich ist es richtig, das unser gesamtes gesellschaftliche System und unsere Marktwirtschaft letztlich auf Ausbeutung basiert (anderes Video). Alles, was nicht in unsere schöne heile Glitzerwelt passt (Alte, Kranke und deren Pfleger, Landwirte), oder "jeder machen kann" (LKW-Fahrer, Paketbote, Lieferdienste, ...) fällt hinten raus.

Das ist nicht alleine Schuld der Politiker. Ganz und gar nicht. Daran ist jeder Schuld, der regelmäßig auf Schnäppchenjagd geht und Billigfleisch kauft. Jeder, der regelmäßig bei Amazon, Zalando und Co kauft und regelmäßig auch Ware wieder "kostenlos" zurückschickt. Jeder, der Billig-Textilien kauft. So gut wie jeder - mich eingeschlossen - profitiert in irgendeiner Weise von diesem grausamen System. Auch die, die (fast) ganz unten stehen werden noch animiert, weiter nach unten zu treten, auf diejenigen, denen es noch schlechter geht - und das ist das perfideste daran, finde ich.

Interessant finde ich auch noch, dass auch Martin Wehrle noch vor wenigen Jahren voll und ganz Nutznießer dieses Systems war und erläutert hat, wie man in diesem System nach oben kommt - eben in den Videos zu den Ritualen rund um das Thema Bewerbung. Von daher kann man ihm die Scheinheiligkeit, die er da anprangert, auch selbst vorwerfen.

Ich finde das nicht in Ordnung, habe aber leider auch keinen Lösungsansatz dafür. Denn eine (politische) Lösung müsste global passieren. Das Problem nämlich (die ausufernde Marktwirtschaft) agiert seit langem so. Nationale Alleingänge helfen da gar nichts. Und leider, leider geht die Tendenz aktuell in genau diese Richtung (Trump, Johnson, ...), und das Problem wird wachsen.

Aber. (Und das ist das dicke Aber, von dem es heißt, dass nichts davor wirklich zählt.)

All das hat nichts mit der Notwendigkeit der aktuellen Maßnahmen zu tun. Gar nichts.

Es ist keine Haft, es ist überlebensnotwendig. Punkt.

Und nein, auch in einem (im rational vertretbarem Maße) stärker ausgebauten Gesundheitssystem wären in einem Fall wie "Covid-19" solche (oder zumindest ähnliche) Maßnahmen notwendig. Denn auf Dauer so viele Kapazitäten freizuhalten wäre nicht finanzierbar, und der Bevölkerung auch nicht verständlich zu machen. Ganz besonders nicht den Leuten, die AfD und Co wählen und selbst jetzt gegen das Feindbild Merkel wettern.
The angels have the phone box.

Geändert von Gausi ( 3. Apr 2020 um 21:28 Uhr)