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Der schöne Günther

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Delphi 10 Seattle Enterprise
 
#1

Wenn die Software von heute die Abandonware von morgen ist

  Alt 13. Aug 2017, 16:49
Wenn die Software von heute die Abandonware von morgen ist...

Worum geht es

Die einen interessiert es, die anderen nicht: Klassiker. Literatur, Filme, Videospiele, was auch immer. Entweder wegen ihrer kulturell-historischen Bedeutung, oder weil man sich an das gute Stück erinnert und es nach zehn oder zwanzig Jahren noch einmal ausbuddeln möchte.

Bei Literatur ist das, zumindest in Zentraleuropa, nicht schwierig – Bibliotheken sind gut ausgestattet, die Online-Recherchefunktionen sind exzellent. Auch Filme werden von den aktuellen Rechte-Inhabern meistens noch gut verwertet, es ist schließlich kein großer Aufwand das Material einmal digitalisieren zu lassen und es anschließend an x verschiedenen Stellen zu vermarkten.

Bei Software (das generelle Interesse liegt hier meist bei Videospielen) ist das schon schwieriger: Zum einen ist Software abhängig von Hardware (die es möglicherweise gar nicht mehr gibt) und meist noch bestimmten Betriebssystem und Treiber-Umgebungen gebunden (3dfx lässt grüßen). Rechtlich haben wir zudem meist sehr strenge Vorgaben was Vervielfältigung, Reverse-Engineering und Umgehung von Kopierschutzmaßnahmen angeht.

Währenddessen sind viele Marken oft als Konkursmasse bei großen Unternehmen gelandet die darauf sitzen bleiben und kein Interesse haben alte Werke als Freeware oder Open Source herauszugeben. Andererseits gibt es, vor allem in den letzten Jahren, auch erstaunliche Lichtblicke, beispielsweise die Plattform gog.com: Hier werden Jahrzehnte alte Spiele neben Neuveröffentlichungen verkauft, aufbereitet um auf aktuellen Systemen zu laufen. Nebenher ohne jeglichen Kopierschutz.


Und jetzt?

Hört sich bislang doch super an – Ja, solange wir an klassische Software auf Datenträgern oder Downloads denken die man sich lokal installiert und kontrolliert. DOSBox oder andere Emulatoren – Irgendwie ging es immer. Ich mache mir allerdings langsam Sorgen über always-online-Produkte und reine App Store-Downloads.

Klar liegt es in der Natur von Online-Spielen, dass ich in zehn, zwanzig Jahren niemanden mehr zum Spielen finde da die offiziellen Server längst abgeschaltet sind. Aber während ein Mehrspieler-Modus früher noch optional war und man heute auch bei 20 Jahre alten Spielen einfach ein VPN einrichtet und im "lokalen LAN" spielen kann, wollen heute mehrere dutzend Gigabyte schwere Brocken nicht einmal mehr starten wenn das Internet weg ist.

App-Store-Betreiber hosten und entfernen Produkte nach ihrem Gutdünken. Ein konkretes Beispiel ist ein großartiges Text-Adventure das nur für die bereits ausgestorbene Windows Phone-Plattform erschien – Ich habe keine Ahnung wie ich das irgendwie downloaden, "aufheben" und in fünf oder zehn Jahren noch einmal hervorholen könnte. Als Emulator würde wahrscheinlich schon ganz normales Hyper-V reichen, aber es ist wirklich ärgerlich dass es im Endeffekt nur am fehlenden Direkt-Download (und wahrscheinlich einem Rechte-Check) scheitert.


Was will ich eigentlich sagen

Ich weiß es auch nicht wirklich, ich wollte das nur einmal loswerden. Ich finde im Internet keine Anhaltspunkt dass diese Diskussion überhaupt schon einmal breit geführt worden ist. Alle freuen sich über HD-Wiederbelebungen und Remakes von Meilensteinen, sei es System Shock, Age of Empires oder Baldur's Gate. Aber abseits davon, dass was mir persönlich viel wert ist, da kann ich nur hilfslos zuschauen wie es vor meinen Augen langsam verschwindet. Meine alten Kinderbücher kann ich mir im Schrank aufheben.
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