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Perlsau
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#9

Eine kritische Betrachtung der Mathematik

  Alt 16. Jan 2016, 11:01
Hab's mir eben bei Arte als Video angeschaut. Das ist kein Film für Mathematik-Begeisterte, sondern ein Film, der für Mathematik begeistern soll. Echte Mathematik-Begeisterte dürften das, was dort im Video gezeigt wird, längst wissen. Sogar ich als "Non-Mathe-Freak" habe in diesem Video nichts Neues erfahren und verspürte daher eine zunehmende Müdigkeit beim Zuschauen, weil mein Interesse gering blieb. Eine ähnliche Doku – Im Reich der Zahlen – ist ebenfalls von Arte und wurde bereits am Samstag 10. März 2012 gesendet.

Was mich beim Zuschauen beschäfigte, war die Frage, ob der menschliche Verstand tatächlich das geeignete Werkzeug ist, um Mathematik zu erfahren und sie auf diese Weise direkt zu verstehen. Dieser Wunsch schien mir nämlich aus einigen Beiträgen der im Film auftretenden Menschen zu sprechen, wenn sie darüber berichteten, daß sie beim Umgang mit der Mathematik stets erwarteten oder erhofften, daß dort noch mehr sei, daß sich ein großes Geheimnis offenbaren werde. Ich glaube nicht, daß man sich auf diese Weise – mit dem analysierenden (zerschneidenden, zerlegenden) Verstand diesem Geheimnis oder den der Mathematik innewohnenden Geheimnissen wirklich nähern kann. Im Gegenteil habe ich eher den Eindruck, die mathematische Analyse entferne die Menschen von der Harmonie des Universums. Wer spüren will, darf dabei nicht denken. Beim Sex sehen wir (Männer) das vielleicht noch ein; die Liebe auf chemische Reaktionen und Resultate der Hirnforschung zu reduzieren entfernt uns jedoch von ihr. Schon heute gilt Liebe nicht mehr hauptsächlich als das tief empathische Gefühl, das wir für eien anderen Menschen empfinden, sondern als das Streben, die Sehnsucht danach, geliebt zu werden. Sog. Liebesbeziehungen werden immer kurzlebiger, gegenseitiges Verständnis ist immer seltener zu beobachten, Sex wird mit Liebe verwechselt – weil wir uns vorwiegend in unserer Großhirnrinde "aufhalten" und diesen Wahrnehmungen den Vorzug vor all den anderen Wahrnehmungsmöglichkeiten geben.

Die Natürlichkeit, mit der Tiere Zusammenhänge erspüren, die wir meist nur noch verstandesmäßig-mathematisch interpretieren, ist uns Menschen weitgehend abhanden gekommen. Es mag ja in gewisser Weise zutreffen, daß die Mathematik den Regenbogen entstehen läßt, aber der Zauber, der einen umfängt, wenn man sich auf diesen Anblick einläßt, benötigt kein mathematisches Verständnis. Das Staunen über den Sternenhimmel in einer klaren Sommernacht in den Alpen stellt sich nicht ein, wenn wir das Universum mathematisch betrachten. Auch Gesellschafts- und Herdenverhalten läßt sich mathematisch abbilden, und genau das tun gewisse Thinktanks heutzutage, um die Massen nach ihrem Willen zu lenken und zu manipulieren: Das menschliche Leben wird auf egoistisches Marktverhalten heruntergebrochen. Das Ende vom Lied wird eine straff durchorganisierte Gesellschaft sein, wo Empfindungen als Krankheitssymtome gelten werden und unangepaßtes Verhalten kriminalisiert weden wird. Die einstigen Schreckensvisionen von Huxley und Orwell beginnen bereits Wirklichkeit zu werden, aber wer kennt diese Erzählungen heute noch?

Ich hab nichts gegen Mathematik. Ich hab auch nichts gegen Geld, aber essen wollt' ich's nicht.