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Phoenix
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#42

AW: Befindet sich Delphi noch auf der Höhe der Zeit?

  Alt 15. Okt 2015, 15:00
Es geht doch dabei eigentlich gar nicht um die Sprache an sich.

Object Pascal ist recht cool, und wenn man sich anschaut was man mit ein wenig mehr Gehirnschmalz im Sprachdesign hinbekommt (siehe das, was RemObjects mit Oxygene gemacht hat), dann ist auch Object Pascal noch auf der Höhe der Zeit.

Das, was wirklich nicht mehr auf der Höhe der Zeit ist, ist doch das ganze Drumherum.

Die IDE schleppt seit Jahren Bugs mit sich rum, um wenn man sich anguckt was zum Beispiel nur im Bereich Debugging heute eben z.B. mit Visual Studio oder anderen Plattformen möglich ist, dann sieht man wie groß die Kluft in der Tat ist.

z.B. Remote Debugging: Ich brauche z.B. keinen Agent auf einem Produktivsystem sondern dort nur die entsprechenden Rechte und kann mich mit meiner IDE jederzeit an einen bockingen Live-Prozess attachen und muss nicht mehr umständlich versuchen, irgendwelche Probleme lokal zu reproduzieren.

Oder Intellitrace: historisches Debuggen durch die Aufzeichnungen eines kompletten Prozesses - jederzeit schauen, was zu einem beliebigen Zeitpunkt in der Vergangenheit auf dem Stack lag, egal in welchem Thread, und im Zweifel kann ich den Wert von damals auch jetzt noch ändern und lokal einen neuen Prozess ab genau dieser Stelle vond amals weiterlaufen lassen und gucken was passiert. (Okay, zugegeben: dieses Feature spart nicht nur wahnsinnig Aufwand, es ist auch leider wahnsinnig teuer).

Aber es hört ja nicht bei der IDE auf.

Wenn ich mir anschaue, was man bei Delphi alles noch immer aufwändig selber machen muss, ist das doch ein riesiger Produktivitätskiller.

Auf nahezu jeder anderen Entwicklungsplattform (JavaScript, Java, .NET, Ruby, PHP, Python, Objective-C, Swift, sogar C und C++) gibt es zu nahezu jedem vorstellbarem Thema unzählige Open-Source Projekte, die man sich mit gängigen Paketmanagern (npm, Maven, NuGet, Bower, Packagist, Composer etc.) einfach herunterladen, installieren und nutzen kann. Ich schaue dort in das Unit-Test Projekt rein wie man eine bestimmte Komponente nutzt, und lege los.

Für Delphi gibt es noch ein paar wenige, hauptsächlich kommerzielle Komponentenanbieter, und - bitte korrigiert mich wenn ich da falsch liege - de fakto keine aktive Open-Source Community.

Wie viele OR-Mapper für unterschiedliche Anwendungszwecke gibt es? Wie viele JSON-Libraries? Wie viele Adapter zu anderen externen Systemen (z.B. Elasticsearch, Redis, ActiveMQ) etc. gibt es? Wenn überhaupt, dann maximal 2-4 Stück, alle sehr rudimentär, und meist nur für eine bestimmte Delphi-Version.

Die Zeit, in der Delphi mit der VCL Vorreiter war, ist nunmal leider vorbei. Jeder, der sich darauf einlassen will wird sehr bald feststellen, dass er nach einer nur sehr kurzen Lernphase und Umgewöhnungszeit mit so ziemlich jedem anderen Entwicklungs-Ökosystem da draussen mindestens genauso, wenn nicht sogar deutlich effizienter das gleiche Zeug bauen kann wie mit Delphi auch. Von den Preisen der Umgebungen mal abgesehen, weil die meisten da draussen eher kostenfrei sind als nicht.
Sebastian Gingter
Phoenix - 不死鳥, Microsoft MVP, Rettungshundeführer
Über mich: Sebastian Gingter @ Thinktecture Mein Blog: https://gingter.org
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