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Die Entscheidung des BGH befaßt sich mit der Frage, inwieweit einem angestellten Softwareentwickler über den regulären Arbeitslohn hinaus eine Vergütung für die von ihm geschaffene Software zustehen kann. Die Möglichkeit einer Sondervergütung ist in Rechtsprechung und Literatur in den letzten Jahren zunehmend diskutiert worden (vgl. die Vorinstanz, OLG Düsseldorf, WRP 1998, 1202 f.; LG München I, ZUM 1997, 659; Rojahn, Der Arbeitnehmerurheber in Presse, Funk und Fernsehen, 1978, S. 156 - 159; Sack, UFITA 121 (1993), S. 15, 21; Brandi-Dohrn, CR 2001, 285 ff.). In der betrieblichen Praxis ist diese Entwicklung noch kaum wahrgenommen worden. Entsprechend hat sich die Softwareindustrie bislang auch weder bei den Vergütungsmodellen für ihre Arbeitnehmer noch in der Preiskalkulation bei der Softwarelizenzierung auf diesen potentiellen Kostenfaktor eingestellt.
Das Problem
§ 69b Abs. 1 UrhG weist dem Arbeitgeber alle vermögensrechtlichen Befugnisse an aus dem Arbeitsverhältnis heraus entwickelten Computerprogrammen zu (soweit die Parteien nichts anderes vereinbaren). Soweit Software urheberrechtsgeschützt ist, kann man eine Vergütungspflicht daher nur annehmen, wenn man entweder in § 69b UrhG hineinliest, die Zuweisung der Vermögensrechte an den Arbeitgeber solle nicht unentgeltlich erfolgen, oder durch Heranziehen spezieller (z.B. Bestseller-Paragraph, § 36 UrhG) oder allgemeiner (§ 242 BGB) "Gerechtigkeitsnormen". Das Gesetz über Arbeitnehmer-Erfindungen vom 25.07.1957 (ArbEG) regelt das Verfahren bei Erfindungen von Arbeitnehmern innerhalb von Arbeitsoder Dienstverhältnissen, die patent- oder gebrauchsmusterschutzfähig sind, sowie bei technischen Verbesserungsvorschlägen (§ 2 ArbEG). Anders als § 69b UrhG können die den Arbeitnehmer begünstigenden Bestimmungen des ArbEG - vor allem die Zuerkenung einer Erfindervergütung - nicht vom Arbeitgeber im vorhinein vertraglich ausgeschlossen oder zu Ungunsten des Arbeitnehmers abgeändert werden (§ 22 ArbEG). Entwickelt ein Arbeitnehmer Software, die nicht nur urheberrechtsschutzfähig ist, sondern auch patent- oder gebrauchsmusterschutzfähig (oder zumindest einen "technischen Verbesserungsvorschlag" darstellt), so stellt sich die Frage, ob neben § 69b UrhG auch die Bestimmungen des ArbEG anwendbar sind - und inwieweit sich daraus ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Sondervergütung gegen den Arbeitgeber ergibt.
Die Entscheidung des BGH
Im entschiedenen Fall hatte der klagende Arbeitnehmer ein EDV-gestütztes Verfahren für die graphische Darstellung von Wetterführungsplänen zur Nutzung im Bergbau entwickelt. Der Arbeitgeber setzte die Software in seinen eigenen Bergwerken ein und bot sie anderen Unternehmen zum Kauf bzw. zur Lizenznahme an. Der Arbeitnehmer verlangt nun im Wege der Stufenklage Auskunft und eine Arbeitnehmer-Erfindervergütung nach dem ArbEG.
a) Einen Anspruch auf Arbeitnehmer-Erfindervergütung nach §§ 9, 10 ArbEG verneint der BGH (nur) mangels ordnungsgemäßer Erfindermeldung und Inanspruchnahme durch den Arbeitgeber gemäß § 5 ArbEG.
b) Auch einen Vergütungsanspruch für einen technischen Verbesserungsvorschlag (§§ 3, 20 ArbEG) weist der BGH zurück. Nach § 20 ArbEG bestehe eine Vergütungspflicht nur dann, wenn der Verbesserungsvorschlag dem Arbeitnehmer eine "ähnliche Vorzugstellung verleiht wie ein gewerbliches Schutzrecht". Ein solches Schutzrecht sieht der BGH allerdings (nämlich das Urheberrecht an der Software), verweist aber darauf, daß die so entstandene Vorzugsstellung des Arbeitgebers nicht auf dem Verbesserungsvorschlag des Arbeitnehmers beruht. Dieser Schutz sei dem Arbeitgeber nämlich kraft Gesetzes, durch § 69b UrhG, zugefallen und nicht durch den Arbeitnehmer "vermittelt". Also stehe dem Arbeitnehmer auch keine Vergütung nach § 20 ArbEG zu.
c) Der BGH verweist den Rechtsstreit allerdings zurück zur weiteren Prüfung, ob dem Arbeitnehmer nicht nach Urhebergesetz Vergütungsansprüche zustehen könnten. Während man das Versäumnisurteil noch dahin verstehen konnte, im Anwendungsbereich des § 69 UrhG sei jegliche Sondervergütung ausgeschlossen, bejaht der BGH eine solche Möglichkeit nunmehr ausdrücklich: § 69b UrhG müsse zwar dahin verstanden werden, daß dem Arbeitgeber die Nutzung der Software vergütungsfrei zugewiesen sei; dem Arbeitnehmer könnten aber dennoch aus anderen Anspruchsgrundlagen Ansprüche zustehen. Der BGH erwähnt dabei ausdrücklich Ansprüche nach § 36 UrhG.
Der Rückgriff auf § 36 UrhG überrascht weniger wegen der (möglichen) Wendung des BGH gegenüber seiner Entscheidung "Wetterführungspläne I". Der BGH stellt klar, daß § 36 UrhG anwendbar ist, wenn Arbeitnehmer Urheberrechte auf den Arbeitgeber übertragen müssen (vgl. nur Möhring/Nicolini/Spautz, UrhG, 2. Aufl., § 43 Rn. 1). Überraschend ist eher, daß der BGH in dieser Frage eine Vorlage an den EuGH nicht einmal erörtert: § 69b UrhG gibt wörtlich Art. 2 Abs. 3 der Richtlinie 91/250/EWG wieder. Der BGH interpretiert § 69b UrhG - im Einklang mit der ganz herrschenden Meinung - dahin, die Nutzungsrechte an der Software gingen vergütungsfrei auf den Arbeitgeber über. Bei dieser Interpretation scheint die Annahme nicht fernliegend, daß die Richtlinie eine für urheberrechtliche Ansprüche abschließende Regelung darstellt. Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie kann nach seinem Wortlaut in der Tat so gelesen werden, daß nur Anspruchsgrundlagen aufgrund anderer Gesetze neben § 69b UrhG geltend gemacht werden können, urheberrechtliche Ansprüche dagegen ausgeschlossen sind. Dieser Wortlaut wird im deutschen Recht allerdings durch die Formulierung des § 69g Abs. 1 UrhG verschleiert, wonach sonstige Rechtsvorschriften neben den "Bestimmungen dieses Abschnitts" anwendbar bleiben sollen, also auch sonstige Ansprüche nach UrhG.
Die Konsequenzen des Urteils
Die Entscheidung des BGH betrifft nur eine bestimmte von mehreren denkbaren Fallkonstellationen. Für die nicht mit entschiedenen Konstellationen enthält das Urteil allerdings wertvolle Hinweise. Man kann 3 Arten von Software unterscheiden:
a) Software, die lediglich urheberrechtsschutzfähig ist und im Rahmen der arbeitsvertraglichen Pflichten entwickelt wurde, steht nach §69b UrhG dem Arbeitgeber zu. Im Gegensatz zur Entscheidung "Wetterführungspläne I" schließt der BGH nicht aus, daß dem Arbeitnehmer z. B. eine Vergütung nach §36 UrhG zustehen kann. Nach dieser grundsätzlichen Weichenstellung scheinen auch andere in der Literatur diskutierte Vergütungsansprüche nicht mehr ausgeschlossen, so z. B., wenn die Software aufgrund von Weisungen des Arbeitgebers erstellt wird, der Arbeitgeber eine solche Weisung jedoch nach Arbeitsvertrag nicht erteilen durfte. Auch Überstundenvergütungen könnten in Betracht kommen, wenn die Software außerhalb der regulären Arbeitszeit geschaffen wurde (vgl. dazu Sack, UFITA 1993, 15, 28 ff.; Buchner, GRUR 1985, 1 f.; Ullmann, GRUR 1987, 6, 14).
b) Mit lediglich urheberrechtsschutzfähiger Software, die außerhalb des arbeitsvertraglichen Pflichtenkreises entwickelt wird, hat sich der BGH nicht befaßt. Da § 69b UrhG nicht anwendbar ist, steht die Software grundsätzlich dem Arbeitnehmer zu. Will der Arbeitgeber sie nutzen, muß er sich mit dem Arbeitnehmer wie mit einem Dritten über die Bedingungen einigen. Instanzrechtsprechung und Teile der Literatur befürworten allerdings eine analoge Anwendung des ArbEG zumindest dann, wenn der Arbeitnehmer auf die im Betrieb vorhandenen (Er-) Kenntnisse oder Arbeitsmittel des Arbeitgebers zurückgegriffen hat (vgl. LG München I, ZUM 1997, 659; Rojahn, a.a.O., S. 156 - 159; Sack, a.a.O., S. 15, 21). Mit anderen Worten: Dem Arbeitgeber wird ein Recht auf Inanspruchnahme der Software zugesprochen, er hat hierfür aber eine Entschädigung nach ArbEG zu zahlen. Diese ist immerhin günstiger als eine marktübliche Lizenzgebühr (vgl. hierzu im einzelnen: Brandi-Dohrn, CR 2001, 290).
c) Häufig ist Software nicht nur urheberrechtsschutzfähig, sondern hat zugleich den Charakter einer "technischen Erfindung" oder eines "technischen Verbesserungsvorschlages" i. S. d. ArbEG.
Hier schafft die Entscheidung des BGH insoweit Klarheit, als über § 20 ArbEG ein Anspruch auf Arbeitnehmer-Erfindervergütung nicht eröffnet ist.
Der BGH bezeichnet jedoch Ansprüche nach ArbEG bei patent- oder gebrauchsmusterschutzfähigen Computerprogrammen ausdrücklich als "denkbar". Der Arbeitgeber ist also gut beraten, wenn er bei Meldung einer Softwareentwicklung zunächst prüft, ob diese den Mindestanforderungen an eine Erfindungsmeldung nach § 5 ArbEG entspricht und zusätzlich, ob für die Software Patent- oder Gebrauchsmusterschutz in Frage kommen kann. Andernfalls muß er sich auf Ansprüche des Arbeitnehmers auf Erfindervergütung oder Schadenersatz einstellen müssen, wenn er die Software verwertet (dazu im einzelnen: Brandi-Dohrn, CR 2001, 292 ff.)
Links zu weiteren:
http://www.frag-einen-anwalt.de/Tech...__f128819.html
http://www.boetticher.de/bibliothek/...ntwickler.html