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Ralf Mimoun

Registriert seit: 21. Mai 2005
Ort: Erftstadt
 
#34

AW: Delphi-Tage 2012 Feedback

  Alt 27. Sep 2012, 23:38
Ich versuche es dann mal mit Details

Also... erstmal das Thema. Auf allen Roadshows geht es bei den Vorträgen immer um Produkte, Frameworks, Techniken usw., aber nie darum wie man das irgendwie wirklich sinnvoll beim Kunden anbringt. Klar, die Beispiele kommen oft aus dem prallen Leben, und die Webifizierung oder dritte Schicht oder sonstwas bringt dem Kunden einen richtigen Mehrwert. Aber wie man ihm das klar gemacht hat oder warum er es die kleine Coderbude und und nicht das große Softwarehaus machen lässt - nada. Ich habe in den letzten Jahren einige Projekte mitgemacht und gesehen welche (in meinen Augen) Fehler manch anderer Freelancer macht. Warum also nicht über das erzählen was ich täglich mache und was dafür sorgt, dass unsere Kunden uns immer wieder buchen, teilweise jahrelang für mehrere Tage die Woche? Dabei konnte ich auch versuchen an einem der Tabus hier in Deutschland zu rütteln: wer verdient wie viel? Ach ja: http://www.conferencesthatwork.com/i...ws-of-pricing/ , und holt euch Secrets of Consulting!

Bei der Vorbereitung ist mir aufgefallen dass man als Vortragender praktisch keine Zeit hat. Um 14:00 ging es theoretisch los, wenn alles sehr gut läuft sind alle 5 Minuten später so weit dass man den ersten Satz zum Thema sagen kann. Und um 14:50 war schon wieder Schluss. Ich dachte, bei dem Thema kann man auf ein paar Fragen am Ende hoffen. 45 Minuten - genau die Schulstunde die man früher durchgepennt hat, wenn vorne einer nur erzählte.

Da habe ich an die alten Meister gedacht, DeMarco, Yourdon und besonders Gerald Weinberg mit seinem Gelee und der Marmelade. Bei 80-90 Leuten im Raum kann ich es unmöglich schaffen jedem tiefe Einblicke in das Leben eines Freelancers zu geben. Mit was Glück bleiben hier und da ein paar Stückchen kleben, aber ansonsten wird es ziemlich dünn - mehr geht nur in Seminaren und mit kleineren Gruppen. Also: viele Fakten kann ich nicht bringen, das bleibt einfach nicht hängen. Vielleicht gehen ein paar Ideen und Anregungen. So verpackt dass es für viele verständlich ist, offen und ehrlich vorgetragen.

Man muss auch daran denken mit wem man es zu tun hat:

- Alte Hasen, die das alles schon wissen. Mit etwas Glück nicken sie wohlwollend.

- Angestellte, die das auch bleiben wollen: Verträge und Zahlungsmodalitäten interessiert sie meist weniger, aber wenn man betont wie wichtig der Bezug zum Kunden ist, könnte es vielleicht helfen.

- Freelancer, die sich für alles interessieren und denen keiner der Bereiche tief genug gehen kann. Aber zumindest kann man versuchen auf die allerwichtigsten Punkte hinzuweisen.

- Hardcore-Code Monkeys: Es gibt genügend die wenig von Kundenkontakt halten und dabei bleiben wollen. Warum auch nicht.

Und die alle hatten gerade zu Mittag gegessen, sich über irgendwelche Themen unterhalten, andere Vorträge gehört... und die muss man erst einmal abholen. Man kann nicht innerhalb von 2 Minuten komplett im Thema des Vortragenden sein.

Da ich einmal rund ums Projekt wollte (mit Betonung auf den Projektstart und das davor, denn jeder Anfang ist schwer), war klar dass ich keine richtigen Schwerpunkte legen konnte. Geht einfach nicht. Ein Schwerpunkt, ein oder zwei Slides darüber, und das braucht 10 Minuten. Und sieht eingerahmt vom Rest ziemlich nackisch aus. Eine Ausnahme war das Thema Meetings und Blame Game, einfach weil man dadurch einen Kunden verlieren kann, ohne überhaupt zu verstehen was da passiert ist.

A propos Slides: ich wollte komplett ohne auskommen. Bei technischen Themen oder wenn es unbedingt Kreisdiagramme braucht sind sie klasse, aber nicht unbedingt bei einem Thema, das eher allgemein ist. Wenn da jemand einfach nur die Slides vorliest fühle ich mich vergackeiert - lesen kann ich selbst. Außerdem besteht die Gefahr dass ich dann auch vor lauter Aufregung vorlese, da hat man Sicherheit dass man irgendwie durch die Stunde kommt. Ich mag es wenn jemand vorne steht und er sein Thema ohne Hilfsmittel rüberbringen kann. Und der einzige Weg dahin ist eben auf Hilfsmittel zu verzichten.

Also keine Slides. Ich habe mir aus dem Vortrag, den ich erstmal ausformuliert geschrieben habe (steht bei http://www.delphitage.de/index.php/downloads/ bereit), das Inhaltsverzeichnis und zu jedem Thema die allerwichtigsten Punkte rauskopiert und groß ausgedruckt. Man schreibt nicht wie man spricht, keiner erzählt was mit 3 Nebensätzen fehlerlos. Mit den Notizen konnte ich normal reden und trotzdem bei Bedarf schnell schauen wo ich war. Nicht so wichtige Passagen habe ich entsprechend markiert, damit ich direkt sehe, was ich bei Zeitnot weglassen kann. Wenn erstmal Stress ist und man dann noch denken muss ob man was bringt sieht das wenig souverän aus. So konnte ich auch das letzte Kapitel über Risiken bei Softwareprojekten auslassen, dem hätte ich in den letzten 5 Minuten nicht gerecht werden können. Und Slides gab dann es trotzdem, schnell in der Mittagspause zusammengeklebt. Ich hätte nicht gedacht dass ich in einem solchen Raum mit einer riesigen Leinwand vortragen würde. Ohne irgendwas auf dem Beamer hätte sie etwas nackt ausgesehen.

Dann habe ich das ein wenig geprobt und am Samstag wundersamerweise ohne viel Hängen und Würgen von mir geben können. Da ich nicht ablesen oder Slides erklären konnte, durfte ich auch ein wenig auf der Bühne rumgehen. Dazu hatte ich noch eine Desk Clock aufs Handy, damit man sich nicht mit der Zeit vertut. Trotzdem habe ich 5 Minuten überzogen - Verzeihung, Daniela

Tja. Und im Auditorium vor 80, 90 Leuten war es einfach cool. Ich war nur leidlich aufgeregt, schließlich konnte ich nichts mehr ändern und nur schauen dass alles halbwegs funktioniert. Die Zeit ging schnell rum, die Fragen waren interessant und nach dem Vortrag ging es vor dem Auditorium weiter mit Gesprächen. Trotzdem habe ich versucht von Danielas Vortrag so viel wie möglich mitzubekommen.

Wenn alles glatt geht würde ich das nächste Jahr gern einen weiteren Vortrag halten, wieder aus dem Leben eines Freelancers. Themen gibt es genug (genauer: 2 Vorträge sind praktisch fertig). Bis dahin danke ich Daniel und allen anderen bei der Organisation beteiligten, dass sie die Delphi-Tage ermöglicht haben.

Ich freue mich über jede Frage, egal ob im Forum, per PM oder Mail - und natürlich (muss sein, siehe Vortrag) auch über Anfragen zu unseren Dienstleistungen
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