Ohne das Siezen gäbe es das Problem jedenfalls gar nicht erst. Warum soll man es sich unnötig kompliziert machen und unangenehme Situationen provozieren, indem man an einem „Kulturgut“ festhält, mit dem offenbar so viele Leute „nicht richtig umgehen“ können?
Genau - wir werfen mal wieder etwas über Bord, nur um des Werfens willen. Veränderung auf Teufel komm raus. Und um das "salonfähig" zu machen, werden mal wieder (angebliche) schlechte Eigenschaften behauptet: Hier, daß "so viele Leute „nicht richtig umgehen“ können" (welch ein Armutszeugnis, ich kenne sogar geistig Behinderte, die diesen Unterschied kennen und richtig benutzen bzw. auseinanderhalten können!), es ist "unnötig kompliziert" (ausgerechnet für Programmierer?!), es "provoziert unangenehme Situationen" (auf jeden Fall bei solchen, die das Siezen nicht mögen, aber das ist letztlich schon ein Zirkelschluß, eine sich selbst erfüllende Prophezeiung).
Das ist mir alles altbekannt, es ist die krankhafte Neophilie dieser Gesellschaft.
Oder, um mich mal auf Desmond Morris zu berufen: Der notorische Drang der Jugend, vermeintliche oder tatsächliche Stereotypien an Gesellschaften zu verändern, zu brechen, abzuschaffen, ist letztlich auch nur eine einzige Oberstereotypie. Allerdings ist dieser Drang bis Zwang keinesfalls mehr nur auf die Jugend beschränkt, inzwischen wurden der Zeit(un)geist selbst und damit nahezu alle Generationen davon infiltiriert.